Kladow und Gatow - Berliner Stadtteile ohne Eisenbahn
Historische
und neue Idee für einen eisenbahnarmen Ortsteil.
Kladow und Gatow, im Süden des Berliner Bezirks Spandau und im
äußersten Südwesten der Stadt liegen durch die Havel
abschirmt etwas abseits von Berlin.
In einem Flugblatt, einer sog. "Los-von-Berlin-Bewegung",
einer politischen Bewegung in den 1920er Jahren, die die Abtrennung
einiger entlegener Stadtteile von Berlin forderte, heißt es:
"Getrennt durch die an jener Stelle kilometerbreite Havel gegen
Osten, getrennt durch die Einschiebung des Osthavelländischen Kreises
in Seeburg im Norden müssen die beiden ländlichen Gemeinden
[Gatow und Kladow] verkümmern unter einem Stadtkörper, der
wohl ihre Steuern nimmt, aber nichts tut, um eine Verbindung mit der
Stadt herzustellen [...] Cladow und Gatow hat keine Staats-, Stadt-
oder Hochbahn, keine elektrische Verbindung, keine Wasser- und Gasleitung
[...]" (zit. nach Hengsbach, 1975, S.150).
Mittlerweile gibt es elektrische Verbindungen, Gas- und Wasseranschlüsse,
allerdings gab es nie eine Bahnverbindung, die Anschluss an den "Stadtkörper"
bot. Seit ein paar Jahren gibt es den Expressbus X34, der eine akzeptable
Anbindung an die Schnellbahn an der Heerstraße bietet und bis
zum Bahnhof Zoo durchfährt.
Es gab allerdings einige Planungen für eine Straßenbahn bzw.
U-Bahn nach Kladow:
Die Überlandstraßenbahn
1888 plante man eine Eisenbahnverbindung zwischen den Städten Spandau
und Potsdam, allerdings mangels Interesse des Handelsministeriums ohne
Erfolg.
Um 1898 gab es Ideen des Kreises Osthavelland für eine Überlandstraßenbahn
zwischen Spandau, Kladow und Potsdam (über Krampnitz und Nedlitz).
Diese Bahn sollte zwischen Spandau und Nedlitz dampfbetrieben und bis
Potsdam mit Akkumulatoren elektrisch betrieben werden. Diese Planungen
wurden durch Schwierigkeiten mit der Einbindung der Bahn ins Spandauer
Stadtgebiet und der fragwürdigen Notwendigkeit in den Landstrichen
zwischen Kladow und Nedlitz, die wegen des dominierenden Truppenübungsplatzes
fast unbesiedelt waren, aufgegeben. Zwei Jahre später wurden die
Planungen noch einmal ernsthaft verfolgt, allerdings nur als Kleinbahn
Spandau <> Kladow.
Der Bus
All diese Planungen blieben unverwirklicht und man stellte die seit
1818 Postautobusse zwischen Potsdam und Spandau wieder her: Die Fahrzeit
zwischen Potsdam und Kladow betrug damals 42 Minuten. Selbst diese Autobuslinien
blieben bis in die 1920er Jahre hinein dermaßen unrentabel, dass
Berlin den Omnisbusunternehmen ihre Mindereinnahmen erstatten musste,
sonst wäre jeglicher Nahverkehr nach Kladow eingestellt worden.
Aus der Kraftpost-Buslinie entwickelte sich nach und nach die spätere
Autobuslinie 34 (heute 134 und X34).
In den 30er Jahren und den größenwahnsinnigen Germaniaplanungen
der Nationalsozialisten wollte man sogar die U-Bahn von Uhlandstraße,
die Heerstraße entlang bis nach Kladow verlängern.
Die Fähre
Die
Personenschifffahrt der BVG wurde im Jahre 1944 ins Leben gerufen. Auf
Grund von Treibstoff- und Reifenmangels im Krieg musste die Buslinie
34 (heute 134) von Pichelsberg nach Kladow eingestellt werden. Als Ersatzverkehr
wurden am 26. Juni 1944 zwei Fährlinien (zum Bustarif) mit 16 von
Reedereien angemieteten Schiffen eingerichtet:
Die Linie 1 verkehrte von Kladow nach Wannsee (3,8 km) in 17 Minuten
und die Linie 2 verkehrte von Kladow bis zur Stößchenseebrücke/Heerstr.
(9,1 km) in 65 Minuten.
Ein paar Tage späte, am 5. Juli, wurden die Linien 1 und 2 zusammengefasst.
Die Fährlinie verkehrte jetzt von der Stößenseebrücke
bis nach Wannsee mit den Anlegestellen Schildhorn, Akademie (später
Gatow), Badewiese, Gatow (später Fliegerhorst), Kladow, Heckeshorn.
Die Fähren verkehrten alle 30 Minuten zwischen 5 und 22 Uhr. Im
Oktober 1944 musste der Takt wegen Personenmangels auf 120 Minuten am
Sonntag und auf einen Stundentakt unter der Woche ausgedünnt werden.
Zwischen Weihnachten 1944 und dem 9.Februar 1945 ruhte der Verkehr auf
den Fährlinien, da die Havel zugefroren war. Wegen den schweren
Kampfhandlungen in Berlin ruhte der Schiffsverkehr wieder zwischen dem
20. April und dem 31. Mai 1945 [2].
Vor Kriegsende verkehrten zuletzt 24 Schiffe, nach Kriegende nur noch
ein Drittel davon. Der Fahrpreis betrug 20 Pfennige.
Im Sommer 1945 wurde der Anleger Heckeshorn stillgelegt, da dort bei
Kriegsende Munition versenkt wurde, im Februar 1946 wurde auch die Station
Schildhorn mangels Fahrgästen eingestellt.
Im Juli 1946 wurden zwei Schiffe beschlagnahmt, sodass kurzfristig der
Verkehr zwischen Kladow und Heerstr. eingestellt werden musste, im Oktober
1946 wurde der Verkehr wieder aufgenommen, Anfang 1947 standen letztendlich
nur noch 5 Schiffe der BVG zur Verfügung, sodass ein 90-Minuten-Takt
gefahren werden konnte.
Während der Blockade 1948/49 gab es wieder zwei Linien, die getrennt
zwischen Stößenseebrücke und der Gatower Badewise sowie
zwischen Kladow und Wannsee verkehrten. Zwischen Wannsee und Kladow
verkehrte 1949 alle Stunde ein Schiff und zwischen Kladow und der Stößenseebrücke
alle zwei Stunden [2].
Am 3. Oktober 1949 wurde der Abschnitt Stößchenseebrücke-Kladow
aufgegeben. Die Fähre Kladow-Wannsee verkehrt seit diesem Tage
im Studentakt bis heute. Im Mai 1956 wurde die Fährlinie von der
Stern- und Kreisschifffahrt übernomen, darf aber bis heute zum
BVG-Tarif genutzt werden. Die Fähre trägt seit 2. Juni 1991
die Bezeichnung F10.
Aussichten?
Doch
gibt es eine Chance für ein Schienenverkehrsanbindung Kladow und
Gatows? Im Zuge des Baus eines neuen Stadtteils für Bonner Bundesbedienstete
in den späten 90er Jahren haben sich auf dem ehem. Flugplatz Gatow
viele neue Einwohner angesiedelt. Außerdem sind die Ortsteile
Kladow und Groß Glienicke von ehemaligen Wochendsiedlungen zu
gestandenen Wohngegenden avanciert und bieten einen stetig wachsenen
Anreiz für Stadtflüchtlinge, die sich nicht all zu weit von
Berlin entfernen möchten. Da bleibt die Frage nach einem zukunftsträchtigen
Verkehrsmittel, da ein Bus wohl nicht darstellen kann. Meine Vorschläge
für eine Bahnanbindung:
1. Die Überlandstraßenbahn Linie 96 (Spandau <>
Potsdam)
2. Wannsee-Museumseisenbahn im 20-Min-Takt (Sacrow
<> Nikolassee):
Eine Idee für den Wochenend-Tourismus?