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Die S-Bahn "Banliyö Trenleri" und U-Bahn "Tünel" Neues aus der Berliner Partnerstadt Istanbul
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Die Istanbuler S-Bahn (Banliyö
Trenleri genannt) verbindet seit 1955 die Innenstadt der türkischen
Bosporusstadt mit den Außenbezirken auf dem europäischen Kontinent. Ein
anderer Streckenteil vom Bahnhof Haydarpasa in die asiatischen Vororte
wurde 1969 eröffnet. Zuletzt hatte der europäische Streckenast die
Linienbezeichnung B1 und der asiatische Streckenabschnitt hieß B2.
Zwischen beiden Streckenteilen mussten die Fahrgäste bis 2013 auf
Fähren umsteigen, um den Bosporus zu überqueren.
Bahnhof Sirkeci (Europäischer Teil, Altstadt), 2015
Bahnhof Sirkeci (Europäischer Teil, Altstadt), 2015
Bahnhof Haydarpasa (Asiatischer Teil), 2015
Kernstück des Istanbuler Netzes ist seitdem der im Oktober 2013
eröffnete Marmaray-Tunnel unter dem Bosporus. Die an 46 Stationen
haltende Istanbuler S-Bahn ist somit die erste Vorortbahnlinie der
Welt, die auf zwei Kontinenten unterwegs ist und damit auch die erste
normalspurige interkontinentale Eisenbahnverbindung. Die
Stromversorgung erfolgt per Oberleitung (25 kV Wechselstrom).
Der Marmaraytunnel ist fast 14 Kilometer lang, etwa ein Zehntel des
Tunnelabschnitts liegt unter dem Bosporus bzw. auf dem Grund der
Meerenge in einer Tiefe zwischen 56 und 62 Metern. An dem 2004
beschlossenen Bau des Tunnels waren japanische und türkische Ingenieure
beteiligt. Die ersten Ideen für eine unterirdische
Bosporusquerung gab es schon 1861. Der Sultan beauftragte dreißig
Jahre später, 1891, westeuropäische und US-amerikanische Ingenieure,
die Machbarkeit eines solchen Tunnels zu untersuchen. Zum Baubeginn kam
es aber erst über hundert Jahre später, 2004. Die Eröffnung des Tunnels
war für 2009 geplant, allerdings verzögerten archäologische Funde die
zügige Fertigstellung des Projekts. Der Tunnel ist für ein Erdbeben der
Stärke 9 ausgelegt. Dies ist notwendig, da sich Istanbul in einer
geologisch sehr aktiven Region befindet. Die Kosten für den Bau des
gesamten S-Bahn-Tunnels beliefen sich auf etwa zweieinhalb Milliarden
Euro.
Eingang zum unterirdischen europäischen S-Bahnhof Sirkeci
Der neue Marmaray-S-Bahnhof Sirkeci, 2015
Halkalı <> Gebze
Bis März
2019 wurde das zuletzt 74 Kilometer lange S-Bahnnetz grundlegend
modernisiert. Viele Bahnhöfe werden umgebaut oder sogar verlegt,
um Umsteigewege zu anderen Verkehrsmitteln zu verkürzen. Der Verkehr an
den Außenästen der S-Bahn ist für den Zeitraum der Revitalisierung
eingestellt worden. Geplant ist zudem der weitere Ausbau der Strecke,
damit diese als Verbindung zwischen den beiden Istanbuler Flughäfen
dienen kann. Seit dem Umbau der S-Bahnstrecke ist die Trasse auch für
den regulären Eisenbahnverkehr nutzbar; dafür werden sieben Stationen
als Fernverkehrshalte ausgebaut. Auf der Strecke kommen derzeit vor
allem Triebwagen der koreanischen Firma Hyundai Rotem zum
Einsatz. Bis 2011 waren in der Türkei gebaute Triebwagen , die zwischen
1955 und 1979 in Betrieb gestellt wurden, zum Einsatz.
Eine bauliche Besonderheit stellt der Haydarpaşa -Bahnhof dar. Er war
der historische Endpunkt der Bagdadbahn. Das Bahnhofsgebäude wurde im
August 1908 eröffnet. Die Architekten des deutsch-türkischen
Bauprojekts waren Otto Ritter von Kühlmann und Hellmuth Cuno.
Historischer Haydarpasa-Bahnhof, Beginn der Bagdadbahn
Die über 3.200 Kilometer lange Bagdadbahn wurde zwischen 1903 und 1940
quer durch das damalige Osmanische Reich erbaut. Zwischen Konya in der
Südtürkei und dem Istanbuler Haydarpaşa-Bahnhof wurde 1918 eine
Zuführungsstrecke eingeweiht. Als Bauunternehmer war Philipp Holzmann
am Streckenbau maßgeblich beteiligt, den Stahl für die Schienen
lieferte die Friedrich Krupp AG, Lokomotiven kamen von Hentschel und
Borsig. Zur deutschen Unterstützung des Baus der Bagdadbahn kam es
aufgrund des persönlichen Engagements Kaiser Wilhelm II., der seinen
politischen und wirtschaftlichen Wirtschaft im Nahen Osten ausbauen
wollte. Das Osmanische Reich war an der Zusammenarbeit mit dem
Deutschen Reich interessiert – England und Frankreich unterstellte man
koloniale Interessen. Auch der Bau eines deutschen Flottenstützpunktes
am Persischen Golf hatte Wilhelm II. beim Bauprojekt im Sinn. Der erste
durchgehende Zug von Istanbul- Haydarpaşa nach Bagdad konnte unter dem
Namen „Toros Ekspreis“ aber erst im Juli 1940 verkehren, nach dem das
letzte fehlende Teilstück der Bagdadbahn fertiggestellt wurde.
Das Bahnhofgebäude, das mitten im Istanbuler Hafen liegt, war bis zum
Bau des Marmaraytunnel Endpunkt der Schienenwege aus dem asiatischen
Teil der Türkei und aus dem vorderen Orient. Seit Februar 2012 halten
keine Fernzüge mehr am historischen Bahnhof, der nach einem
Dachstuhlbrand 2010 ohnehin nur provisorisch wiederhergestellt wurde.
Zur Zeit halten auch keine S-Bahnzüge mehr am Haydarpaşa-Bahnhof. Er
soll demnächst komplett stillgelegt werden und nach einem Umbau
als Hotel und Shoppingmall dienen.
Eine weitere Besonderheit ist der Sirkeci -Bahnhof nahe der
historischen Altstadt Istanbuls. Hier endete bis zum Bau des
Marmaray-Tunnels die europäische S-Bahnlinie. Ursprünglich war
dieser Bahnhof Endpunkt des historischen Orient-Expresses. Nach der
weitest gehenden Einstellung des Schienenverkehrs nach Thessaloniki,
Sofia, Bukarest und Belgrad hat der Bahnhof nur noch eine Bedeutung für
den S-Bahnverkehr.
Die U-Bahn: Tünel
Die
unterirdische Istanbuler Standseilbahn Tünel wird oft als die erste
U-Bahnstrecke des europäischen Kontinents bezeichnet. Streng genommen
ist sie aufgrund ihrer Betriebsart keine klassische U-Bahn, aber auch
keine typische Standseilbahn, weil sie unterirdisch als
innerstädtisches Verkehrsmittel betrieben wird. Zumindest kann sie
aufgrund ihres Eröffnungsjahres 1875 zusammen mit der Budapester
Standseilbahn als älteste Standseilbahn Europas gelten.
Die Tünel überwindet auf ihrer über 600 Meter langen Strecke etwa 60
Meter Höhe. Die Konzession für die Bahn erteilte der Sultan 1869.
Ursprünglich erfolgte der Antrieb mittels einer Dampfmaschine.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte die Umstellung auf elektrischen
Betrieb. In den Jahren 1971 und 2007 erfolgten umfassende Sanierungen.
Standseilbahn Füniküler
Im Juni
2006 wurde eine weitere Standseilbahn in Istanbul in
Betrieb genommen. Sie verbindet den Fährhafen Kabatas mit dem
Taksim-Platz. Gebaut wurde sie von der österreichischen Seilbahnfirma
Doppelmayr.
Historische Straßenbahn: Nastlik Tramvay
Zwischen
dem Taksim-Platz und der Bergstation der Tünel-Standseilbahn verkehrt
eine historische Straßenbahnlinie durch die Fußgängerzone. Die
Streckenlänge der Füniküler ist mit etwas merh als 550 Metern
vergleichbar mit der der Tünel, die von der Bahn u überwindende Höhe
beträgt etwa 75 Meter.
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