Havelinseln
und Havelfähren in Berlin und Potsdam
Revier Tegler See / Oberhavel
Reiherwerder
Bis zum Jahr 1900 war Reiherwerder noch eine Insel. Doch als der Industrielle
Borsig 1910
ein barockes Landhaus auf Reiherwerder erbauen lies,
welches an das Schloss Sanssouci erinnern sollte. Dabei schüttete
er einen Damm zwischen Reiherwerder und dem Festland auf, und somit
wurde die Insel zur Halbinsel.
Heute befindet sich auf dem ehem. Privatbesitz eine Tagungsstätte
der Deutschen Stiftung für Internationale Entwicklung.
Lindwerder (zu Reinickendorf)
Lindwerder, im Volksmund auch "Liebesinsel" genannt, ist mit
270 m² die kleinste Insel im Tegler See. Ende des 19. Jahrhunderts
traf sich hier die "Allgemeine Deutsche Reimschmiede", zu
denen u.a. die Dichter Claire Waldoff und Heinrich Seidel gehörten.
Auch der Chemiker Schering war hier öfters anzutreffen.
Hasselwerder
(und ehem. Fähre)
Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es auf Hasselwerder eine kleine Badeanstalt.
Ernst Pieper betrieb mit seinen Booten "Ostende", "Frieda"
und dem Rettungsboot "Pommer" von der heutigen Greenwichpromenade
in Tegel aus einen kleinen Fährverkehr zur Insel. Sein Brudr Karl
Pieper besaß auf der Insel einen Imbiss. Im Krieg wurde der Fährverkehr
eingestellt. Am 5. Juli 1946 erhielt Walter Haupt die Genehmnigung zur
Wiederaufnahme der Fähre. Er hatte kurzzuvor die Insel gepachtet
und sie zur Badeanstalt ausgebaut. Sein Werbeslogan lautete "Mit
Kind und Kegel zu Haupt nach Tegel". Er beförderte für
20 Pfennig pro Person bis zu 5000 Badegäste täglich nach Hasselwerder
mit seinen vier Booten "Gertraude" (für 75 Personen),
"Anneken" (für 87 Personen), "Hasselwerder"
(für 44 Personen) und "Friedel" (für 120 Personen).
1955 wurde die Badeinsel ein Dauercampingplatz und Haupt betrieb nunmehr
mit drei Schiffen (namens Seehaupt, Berlin und Reichenau) einen Übersetzverkehr.
Heute ist die Insel unbewohnt [1].
Motorboot "Gertraude", Foto: Karl-Heinz Schreck (1964)
/Mit freundlicher Genehmigung der Berliner Verkehrsblätter
Scharfenberg
Scharfenberg ist mit seinen 20 ha die größte Insel im Tegler
See. Sie ging 1777 in den Besitz der Familie von Humboldt über.
1831 pachtete der Kammerdiener der von Humboldts mit Namen Sandrock
das Eiland im Tegler See. 1867 wurde die Insel an den Botaniker Bolle
verkauft. Dieser pflanzte hier über 700 ausländischen Gehölze
an. Bolle starb 1909.
1886 wurde die erste Fähre vom Kolonisten Eckholdt, dem damaligen
Erbpächter der Insel eingerichet. 1921 wurde für 1028 Mark
ein Fährkahn hinzugekauft.
Im Jahre 1922 wurde die Schulfarm Scharfenberg, eine reformpädagogische
Sommerschule im Bolleschen Wohnsitz errichtet. 1931 gründete Hans
Coppi hier einen kommunistischen Jugendverband. 1933 richteten die Nationalsozialisten
hier die "Rudolf-Heß-Schulfarm" ein, in der Coppi 1943
als Mitglied der Widerstandsbewegung "Rote Kapelle" hingerichtet
wurde. 1949 wurde auf Schafenberg mit einem Internatsgymnasium der Schulbetrieb
erneut aufgenommen. Im Juli 1964 wurde die alten Seilzugfähre durch
die heutige Autofähre "Scharfenberg" (Baujahr 1964, 32
Tonnen, für 120 Personen, zwei SRP-Motoren, 22,76 Meter) und das
Fährmotorboot namens "Ente" (Baujahr 1959, 8,68 Meter)
ersetzt. Der Fährmann heißt Stephan Taraschkewitz. Alternativ
können die Schüler auch mit drei Ruderbooten (Scharfenberg
1,2,3) die Strecke zurücklegen [1].
Fahrzeiten: Die Fähre verkehrt alle 15 Minuten bis 20:45 (immer
um :00, :15, :30, :45 ). Zu Schulbeginn und Schulschluss verkehrt sie
nach Bedarf [4].
Informationen zum Fährverkehr: Tel. 430944330 oder 4342852
Wagenfähre Scharfenberg, Foto: Karl-Heinz Schreck (1965) /Mit
freundlicher Genehmigung der Berliner Verkehrsblätter
Wagenfähre Scharfenberg, Foto:
Wolfgang Hilger,
2004
Die
Autofähre , Foto: Andreas Jüttemann, 2006
Blick
hinüber nach Scharfenberg, Foto: Andreas Jüttemann, 2006
Die
Mensa auf der Insel Scharfenberg, Foto: Andreas Jüttemann,
2006
Idyllische
Lichtungen auf der Insel, Foto: Andreas Jüttemann, 2006
Blick
auf den Tegler See, Foto: Andreas Jüttemann, 2006
Eines
der Internatsgebäude, Foto: Andreas Jüttemann, 2006
Das
Fährhaus auf der Insel, Foto: Andreas Jüttemann, 2006
Idyllische
Waldwege, Foto: Andreas Jüttemann, 2006
Reiswerder
Bereits 1950 gab es ein kleines offenes Boot für 40 Personen, dass
Parzellenbesitzer und Gäste auf die Insel Reiswerder brachte.
Die erste Personenfähre "Kehrwieder" (9,5 Meter lang)
nach Reiswerder wurde 1959 in Betrieb genommen und 1969 mit einem Außenbordmotor
ausgestattet. Eigentlich sollte Kehrwieder schon in den 70er Jahren
verschrottet werden, "überlebte" aber dann als Güterfähre.
Die neue Personenfähre mit Namen Reiswerder (16 Personen, Baujahr
1929) ist die alte Personenfähre zur Pfaueninsel, sie verkehrte
bis Ende 1985 und wurde dann verschrottet, da sie nicht durch den TÜV
kam. Nach 1986 verkehrt ein kleines Motorboot mit gleichem Namen [1].
Auf Reiswerder ist seit 2004 eine DLRG-Station in Betrieb. Diese Insel
befindet sich überwiegend in Privatbesitz. Sie ist mir einer kleinen
Fähre "Reiswerder" (3 t, 30 Personen, 50 PS-Dieselmotor)
zur Bernauer Straße ans Festland angebunden [3].
Diese Fähre wird vom Verein der Naturfreunde von Baumwerder-Reiswerder
1914 e.V. betrieben. Der Fährmann Machlus holt zwischen April und
Mitte Oktober täglich zwischen 6 Uhr und Sonnenuntergang über,
im Winter nur freitags, an Wochenenden und Feiertagen. Im Jahre 1986
kostete eine Hin- und Rückfahrt 3 DM. Der Fährverkehr ist
Inselbewohnern und Mitgliedern des Naturfreundevereins (der Mitgliedsbeitrag
im Trägerverein kostet 80 € pro Jahr) vorbehalten.
Informationen zum Fährverkehr: Tel. 7522279 oder 4328577
Personenfähre "Reiswerder", Foto: Karl-Heinz Schreck
(1985/86) /Mit freundlicher Genehmigung der Berliner Verkehrsblätter
Baumwerder
Wie Scharfenberg ging auch Baumwerder 1977 in den Besitz der Familie
von Humboldt über. Danach gehörte sie bis 1909 der Familie
Bolle. 1909 kaufte Berlin die Insel um sie von den Wasserwerken zur
Trinkwassergewinnung nutzen zu lassen. Seit 1943 dient Baumwerder mit
seinen Tiefbrunnen und einer Anreicherungsanlage nur noch der Wasserversorgung,
ist unbewohnt und nicht zugänglich.
Wilhelm Kosewsky kaufte 1874 einen Acker in Tegelort und baute auf seinen
Grund die Gaststätte Lindenbaum. 1886 übernahm sein Sohn Julius
den Fährbetrieb zwischen Tegelort, Valentinswerder und Saatwinkel.
1907 löste ihn sein Sohn Oskar (der im Tegler Volksmund als "Onkel
Oskar" zu kleiner Berühmtheit avancierte) ab und ruderte bis
zu zwanzigmal täglich zwischen den Gaststätten Knobloch (Saatwinkel)
und dem Restaurant Juroch (Tegelort). Später kaufte ers ich ein
kleines Motorboot, dann die Barkasse "Gerda". Eine Überfahrt
kostete 1914 15 Pfennig tagsüber (Kinder 8 Pfg.) und nachts das
Doppelte. Die Bewohner der Insel Baumwerder konnten den Fährmann
per Klingelzeichen herbeirufen. Dieser musste (lt. Beschluss) auch für
eine Person übersetzen. In den 20er Jahren kaufte er die Boote
Oskar, Merkur (Baujahr 1904, 12,55m lang) und Gerd (für 90 Personen)
hinzu. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt er das Boot "Bertold"
als Ersatz, da die "Gerd" von den Sowjets beschlagnahmt wurde.
Oskar Kosewsky starb 1957, sein Neffe versuchte bis 1958/59 den Betrieb
aufrecht zu erhalten, stellt ihn dann aber ein, da sich ein halbstündiger
Takt nicht mehr rentierte [1].
Fähre "Gerda" und Restaurant "Zum Lindenbaum",
Foto: Sammlung Schreck /Mit freundlicher Genehmigung der Berliner
Verkehrsblätter
Dienstfähre
Kraftwerk Oberhavel <> Tegelort, Bärbelweg
Die Dienstfähre vom Kraftwerk Oberhavel nach Tegelort ist einzig
Vattenfall-Mitarbeitern vorbehalten. Seit 1914, als das Kraftwerk (damals
noch mit Namen "Spandau") in Betrieb ging, gibt es hier eine
Fährverbindung (damals noch mit Ruderbooten). Nach 1945 wurde das
Ruderboot tlws. durch ein Motorboot unterstützt, im Jahre 1984/85
waren zwei Fähren im Besitz der Bewag: "Fähre 1"
(6,2 Meter lang und 1,15 Tonnen schwer, Motorboot, 10 Personen) und
"Fähre 3" (1967 gebaut, 8,2 Meter lang und 2,67 Tonnen
schwer, Dieselmotor, 15 Personen). "Fähre 2" ist 1966
nach Nieder Neuendorf abgetrieben und wurde von der DDR einbehalten
[1].
"Fähre 3", Foto: Sammlung Schreck (1986) /Mit freundlicher
Genehmigung der Berliner Verkehrsblätter
ehem.
Fähren Nieder Neuendorf <> Heiligensee, Sandhausen <>
Papenberge und Konradshöhe <> Bürgerablage
Die Fähre zwischen Nieder Neuendorf und Heiligensee was die älteste
Berlins, denn über sie wurde 1313 zum ersten Mal berichet: Ritter
Johannes von Bredow erhielt aus den Fähreinnahmen 30 Schillinge.
1375 wurde eine große Wagenfähre eingesetzt, wie es aus dem
Landbuch Kaiser Karl IV hervorgeht. Die wichtige Handelsstr. Berlin-Hamburg
überquerte bei Heiligensee die Havel und Handelsreisende mussten
die Fähre benutzen. Als 1383 das "Wunder von Wilsnack"
zu großen Pilgerströmen führte, gewann die kleine Fähre
mehr und mehr an Bedeutung. 1506 wurde eine Klappbrücke bei Henningsdorf
eröffnet und 1553 blieben die Pilgerströme aus und es wurde
ruhig um die Fähre. Von 1591 bis 1945 mussten die Heiligenseer
Privilegien an den Fährmann entrichten, dafür durften sie
ein ganzes Jahr kostenlos mitfahren. Ab 1764 verkehrt keine Wagenfähre,
sondern nur noch eine Personenfähre in Heiligensee. 1925 wurden
die Ruderboote durch zwei Motorboote (für 18 und 32 Personen) ersetzt,
1927 wurde der Nachtverkehr eingestellt. Am 11.3.1945 gab es ein Fährunglück,
bei dem ca. 13 Menschen starben. Nach dem 2. Weltkrieg bauten die Sowjets
eine Holzbrücke, die zur Blockade 1948 aber wieder abgerissen wurde
und die Fähre in Betrieb genommen . 1951/52 wurde die Fähre
eingestellt, das die West-Bauern ihre Ländereien im ostdeutschen
Niederneuendorf nicht mehr bestellen durften [1].
Zwischen der Gaststätte Sandhausen ("Schröders Tivoli")
und Dunays Restaurant bei den Papenbergen verkehrte zwischen 1906 und
1939 eine Fähre für 15 Pfg. (2 Personen 20 Pfg., nachts doppelter
Tarif). Bei einen Bombenangriff wurde Schröders Tivoli zerstört.
Bei Konradshöhe verkehrte zwischen 1907 und 1957 erst eine Ruderfähre
(mit einem Rettungsboot aus Hamburg) und ab den 30er Jahren ein Stahlponton
mit Außenbordmotor. Zwischen 1940 und 1946 war der Fährbetrieb
eingestellt wurden und in den letzen elf Verkehrsjahren kümmerte
sich Sepp Vogt um die Fähre, die er aber wegen zu geringen Zuspruchs
einstellen musste [1].
Die Heiligenseer Fähre vor 1914, Foto: Sammlung Hannebauer
/Mit freundlicher Genehmigung der Berliner Verkehrsblätter
Autofähre
Hakenfelde, Aalemannufer <> Tegelort, Jörsstr.
Seit Ende des 19.Jahrhunderts war eine Brückenverbindung zwischen
Tegelort und Hakenfelde geplant, doch die Anwohner störte wohl
schon damals die Gefahr eines größeren "Verkehrs"-Aufkommen.
Im Sommer 1930 nahmen die Brüder Schelenz die "Personen- und
Wagenfähre Oberhavel" in Betrieb. Der Fahrpreis betrug 1933
10 Pfennig tagsüber und 30 Pfennige nachts pro Person bzw. 1,20
Mark am Tage und 3 Mark in der Nacht für ein Zweigespann. Im Jahre
1964 waren es schon 20 Pfennig und 1984 50 Pfenning für eine erwachsene
Person und 1,30 DM für ein Auto. Ab 1934 führten neben den
Brüdern Schelenz auch noch der Fährmann Richard Zieckow den
Fährverkehr durch.
1935 musste die Fähre mangels Fahrgästen eingestellt werden,
der Fährverkehr wurde jedoch 1937 wieder aufgenommen und blieb
bis ca. 1940 bestehen. Während des zweiten Weltkrieges gab es keinen
Autofährverkehr. Wegen des geringen Autoverkehrs nach dem Krieg
wollte Richard Zieckow den Fährverkehr nicht wieder aufnehmen.
1946 und 1959 bewarb sich Stefan Zimma für den Betrieb der Fährverbindung,
auf Grund der hohen Investionskosten für die Wiederaufnahme allerdings
erfolglos.
Erst
im August 1961 gibt es wieder die Autofähre von Hakenfelde nach
Tegelort. Karl Kittel nahm mit seiner 18 Meter-Autofähre "Hol
Über" für 6 Autos den Fährverkehr wieder auf. Die
Hol Über lag noch 1986 als Wohnschiff im Teltowkanal an der Steglitzer
Albrechtstraße [1].
Karl Kittel verstarb ein Jahr später, sodass der Ostpreuße
Wolfgang Burchardi senior, der vor dem Krieg eine Fähre auf der
Memel betrieb, die Firma übernahm. Wolfgang Burchardi (jr.) löste
seinen Vater 1970 als Fährmann ab und ließ 1977en von seinem
Bruder Arnim ein neues Boot namens "Hol Über II" bauen.
Im Juni 1986 nahm dann auch das dritte Schiff "Hol Über III"
seinen Dienst auf. [1]
Burchardis Wagenfähren "Hol über II" (65 Tonnen
,Baujahr 1977, 32 Meter lang, 2x80 PS, Platz für 15-20 KfZ) und
"Hol über III" (75 Tonnen Traglast) werden beide von
zwei SRP-Iveco-Dieselmotoren angetrieben werden.
Die Fähre verkehrt ganzjährig bei Bedarf zwischen 6 und 20
Uhr.
Informationen zum Fährverkehr: Tel. 3356835, Fax 33506279
Wagenfähre Hol Über I, Foto: Sammlung Schreck (1964) /Mit
freundlicher Genehmigung der Berliner Verkehrsblätter
Wagenfähre Hol Über II, Foto: Sammlung Gammrath (1977)
/Mit freundlicher Genehmigung der Berliner Verkehrsblätter
Wagenfähre Hol Über II, Foto:
Wolfgang Hilger,
2004
Wagenfähre Hol Über III, Foto:
Wolfgang Hilger,
2004
Wagenfähre, 2015
Valentinswerder
Diese 13 ha große Insel verdankt dem Heiligenseer Bauern Valentin
Lemke seinen Namen. Valentinswerder wurde 1751 von der kurmärkischen
Domänenkammer an den Steiermärker Phillipp Schupfer verkauft.
Wenig später ertrank der als Trinker bekannte Schupfer. 1757 ging
die Insel an seinen Sohn Josef, der ebenfalls wenig später angetrunken
in der Havel ersoff.
1840 erwarb der Hofopernsänger Blume das Inselchen. Da dieser wegen
seines "umständlichen" Arbeitsweges dauernd zu spät
zu den Vorstellungen kam, wurde er von Friederich Wilhelm III. in sein
altes Saatwinkler Jagdhaus "zwangsumgesiedelt".
Im Jahre 1874 wurde auf der Insel Valentinswerder eine Landhauskolonie
eingeweiht. Der Bauunternehmer Haberkern erwarb die Insel und baute
sie zu einem Ausflugsort aus. Er sorgte auch dafür, dass die Dampferlinie
Spandau-Tegel in Valentinswerder anlegte. Um Baumaterialien für
sein Projekt herbeizuschaffen, richtete er zwischen Valentinswerder
und dem Restaurant Blumeshof ein, die 1884 als öffentliche Fähre
anerkannt wurde (Eine Überfahrt kostete 1884 5 Pfg. und 1898 10
Pfg., für Tiere 10 Pfg. und für eine Kutsche 20 Pfg.). Die
Fähre wurde im Ersten Weltkrieg eingestellt. 1913 kaufte Max Lahe
das Restaurant Kranhaus (das er in Fährhaus umbenannte). Sein Sohn
Walter setzte erst mit einem Ruderboot und dann mit zwei Reichswehrpontons
Fahrgäste nach Baum-, Maien- und Valentinswerder über. Später
kaufte er das Motorboot "Lisa" (8,28m lang, 3,6 t, 27 Personen),
dass er 1945 als Notfähre in Gartenfeld an der zerstörten
Tegler Brücke einsetzte. Im Frühjahr 1967, kurz vor Walter
Lahes Tod, gab er das Boot an Wolfgang Burchardi ab, der die beide Valentinsfähren
mit einander verband und auf die Strecke Tegelort-Saatwinkel verlängerte.
Noch heute befinden sich die meisten Grundstücke auf Valentinswerder
im Privatbesitz seiner Nachfahren. An den prachtvollen Alleen der Inseln
sind noch einige Landhäuser erhalten geblieben. Im Valentinswerder
befindet sich das größte Laichgebiet Berlins und es gibt
ca. 400 verschiedene Pflanzenarten auf der Insel ohne Autoverkehr, die
erst seit kurzer Zeit ans Bewagnetz angeschlossen ist. Valentinswerder
ist nach seinem ersten Besitzer namens Valentin benannt. Bis 1931 gehörte
sie zum Bezirk Spandau.
Die Fährverbindung zwischen dem Festland und den Inseln Valentins-
und Maienwerder trug im Volksmund auch den Beinamen "Leuchtturmfähre",
da das Gartenlokal in Tegelort, an dem die Fähre startete, "Leuchtturm"
hieß. Diese Lokal wurde bei einem Bombenangriff 1944 zerstört
, bei dem auch der Fährmann ums Leben kam [1].
Bereits 1891 gab es eine Fährverbindung zwischen dem "Leuchtturm"
in Tegelort und dem Restaurant Wilhelmruh in Saatwinkel. Max Lahe erhielt
die erste Konzession für diese Fähre und betrieb sie mit Ruderbooten.
Erst 1905 kaufte er ein Motorboot hinzu und 1907 ein weiteres Motorboot
für 72 Personen. Der Fährverkehr wurde erstmals 1923 zur Inflation
eingestellt. Aber schon 1924 richtete Wilhelm Blaurock eine neue Fährverbindung
mit Ruderbooten ein. Ende der 20er Jahre kaufte er zwei Motor-Potons
namens "Cäsar" und "Odin" für je 26 Personen
und ein Motorboot namens "Hela" für 29 Personen hinzu.
Am 27.8.1935 wurde das Schiff "Hela" von einem Stern-Dampfer
mittig gerammt, kenterte und sank. Ein Kind ertrank und Fährmann
Blaurock musste für ein Jahr ins Gefängnis, da für schuldig
an diesem Unfall gesprochen wurde.
Die Fähren konnten bei Bedarf mit einem Glockensignal gerufen werden.
Da diese Glocken (ein Eisenrohr auf das mit einem Eisenstück geschlagen
werden konnte) nicht immer über die relativ große Entfernung
zu hören waren, wurde auf Valentinswerder ein Flaggenmast errichet,
an dem eine weiße Fahne gehisst werden konnte, um das Schiff herbeizurufen.
Blaurock starb am 20.5.1940, seine Tochter und diverse Pächter
führten bis 1947 den Betrieb fort. Während und kurz nach dem
Krieg musste mangels Treibstoff auf Ruderbootverkehr umgestellt werden.
1947 übernahm Hans Liptow die Fähren Odin und Cäsar,
1957 folgte Walter Lange, der beide Fähren nach seinen Kindern
"Manfred" und "Margret" umbenannte und nur die Strecke
Saatwinkel-Inseln fuhr. Im Frühjahr 1967 übernahm Wolfgang
Burchardi die Schiffe und erweiterte die Fährverbindung nach Tegllort.
Die Schiffe "Margret" und "Manfred" wurden in Odin
I und II (beide für je 48 Personen umgebaut und noch 1986 in Betrieb)
umbenannt [1].
Früher gab es zwei Personenfähren zwischen den Inseln. Die
Fährmänner Burchardi und Lahr fuhren von zwei Ausgangspunkten
die Inseln an. Burchardis Fährbetrieb startete ab Tegelort einen
Rundkurs und Lahr von Saatwinkel aus. Als Lahr aus dem Dienst austrat
übernahm Burchardi beide Fährverbindungen. Offiziell dürfte
nach dem neuesten EU-Verordnungen die Personenfähre keine Fähre
sein, sondern wäre eine Rundfahrt und müsste mit mehr als
einem Mann betrieben werden, denn Fähren müssen einen Startpunkt
und einen anderen Zielpunkt haben. Aber noch wird Burchardis Schiffsbetrieb
als Fährlinie anerkannt.
Wolfgang Burchardis 1,6 Kilometer lange Fährlinie wird von den
zwei Schiffen Odin III (für 25 Personen) und Odin IV (für
47 Personen) betrieben und verkehrt von April bis Oktober zwischen 6
und 20 Uhr und in den Wintermonaten von 6 bis 19 Uhr, sonntags ab 8
Uhr.
Fahrpreise: Festland > Insel: Erwachsene 80 ct, Kinder 50 ct, Rundfahrt
2 €
Fahrpreise 1986: Festland > Insel: 80-90 Pfg., Tegelort-Saatwinkel
1,30 DM
Fahrzeiten: Ab Saatwinkel um :00 Uhr, ab Valentinswerder :10 Richtung
Tegelort und :35 Richtung Saatwinkel.
Informationen zum Fährverkehr: Tel. 3356835, Fax 33506279
Motorboot Manfred (ehemals "Odin"), Foto: Karl-Heinz Schreck
(1964) /Mit freundlicher Genehmigung der Berliner Verkehrsblätter
Motorboot Odin II, Foto: Wolfgang Kramer (1977) /Mit freundlicher
Genehmigung der Berliner Verkehrsblätter
Motorboot "Lisa", Foto: Karl-Heinz Schreck (etwa 1964)
/Mit freundlicher Genehmigung der Berliner Verkehrsblätter
Fähre Odin IV
Maienwerder
Informationen zur Fähre nach Maienwerder siehe bei Valentinswerder.
Die Fähre verkehrt von Saatwinkel über Maienwerder und Valentinswerder
nach Hakenfelde und Tegelort.
Großer Wall
Auf der Insel Großer Wall befindet sich ein Jugendzeltlager des
Berliner Senats. Die Insel Großer Wall soll im Zuge der Bebauung
der "Wasserstadt Oberhavel" durch eine Brücke mit dem
Festland verbunden werden.
Der große Wall wurde auch "Helgoland" genannt. Es war
ein großes Seglerparadies. Hier wurden auch legendäre Sturmfahrten
mit einem Kajütkreuzer durchgeführt.
Kleiner Wall ("Liebesinsel") und Pionierinsel
Die beiden Inseln sollen im Zuge der Bebauung der "Wasserstadt
Oberhavel" auch durch Brücken mit dem Festland verbunden und
bebaut werden. Die Insel Kleiner Wall, ebenfalls auch "Liebesinsel",
ist mit einer Fähre verbunden, die bei Bedarf vom Spandauer Quartier
Nordhafen die kleine seit 1904 existierende Inselgaststätte "Zur
Liebesinsel" ansteuert. Auf dem Kleinen Wall befindet sich ein
Seglerverein. Um auf die Insel zu gelangen, muss man vom Festland aus
den Fährmann lauthals "heranrufen" oder bei der Tischreservierung
im Restaurant die Fähre gleich mit vorbestellen.
Eiswerder (und
ehem. Fähre)
Bis 1918 stand auf der Insel Eiswerder das "Königlich-Preussische-Feuerwerkslaboratorium"
der Garnison Spandau. 1880 brachte ein Dampf--Fährschiff namens
Vulkan die Arbeiter nach Eiswerder. Die 25,2 m lange Fähre Neptun
kam 1889 hinzu. 1903 wurde die Eiswerderbrücke erbaut und der Fährverkehr
eingestellt [1]. Seit 1980 sind mehrere Fernsehstudios und eine Diskothek
auf Eiswerder ansässig. Im Zuge der Wasserstadt-Planungen wurde
die Eisenbahnbrücke nach Eiswerder zur Straße und Eiswerder
zu einem neuartigen "Insel"-Gewerbegebiet.
Zitadelleninsel
(ehem. Fähre Spandau, Körnerstr. <> Café
Venezia)
Nach dem 1. Weltkrieg wurde auf der Zitadelleninsel eine Militärbadeanstalt
erföffnet. Badegäste konnten zuerst über eine kleine
Brücke an der Schleuse von Spandau aus zur Anstalt und zum Badecafé
Venedig (später Venezia) gelangen, später wurde eine Kahnfähre
eingerichtet. Miltärpersonen wurden kostenlos befördert, Zivile
mussten 10 Pfennige (Kinder 5 Pfennig) zahlen.
Erst 1953 wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die Verbindung mit einem
Ruderkahn wieder in Betrieb genommen. Der Fährmann Müller
starb 1960, seine Mutter versuchte weiterzumachen, scheiterte aber kurzerhand.
Ein Jahr später wurde die Fähre wieder in Betrieb genommen
mit zwei Motorfärhen "Klaus" und dem Prahm "Venezia
II" (für 15 Personen, 6,92 Meter lang). Zwischen 1964 und
1983 wechselten oft die Besitzer und mussten die Fähre wegen Unrentabilität
oft kurzzeitig einstellen. Alfred Strohschein betrieb ab 1983 (bis 1986?)
die Fähre zum Fährpreis von 75 Pfennig [1].
Motorboot "Venezia", Foto: Karl-Heinz Schreck (1965) /Mit
freundlicher Genehmigung der Berliner Verkehrsblätter
Sophienwerder (und ehem. Fähre Stabholzgarten
> Stresow)
Sophienwerder ist die einzige Insel im Westen Berlins,
die von der Spree und nicht von der Havel umgrenzt wird. Genaugenommen
ist Sophienwerder auch keine Insel, sondern nur eine Halbinsel an der
Spreemündung unweit der Spandauer Zitadelle. Die Halbinsel mit
ihrer reichhaltigen Vegetation soll "umgenutzt" werden und
mit "Veranstaltungseinrichtungen" bebaut werden und mit Brücken
mit den angrenzenden Stadtvierteln verbunden werden.
Zwischen dem Stabholzgarten (nahe Rathaus Spandau) und der "Aufschwemme
in Stresow" (nahe Sophienwerder) verkehrte um 1915 (?) eine Dampffähre,
die Benutzung war für Militärangehörige frei.
ehem. Fähren bei Fürstenbrunn
Zur Industrialisierung gab es nur eine Landverbindung über den
Nonnendamm nach Siemensstadt. Die Gleise der Hamburg-Lehrter Eisenbahn
lagen allerdings auf dem anderen Spreeufer. Siemens wollte eine eigene
Gleisanbindung bekommen und richtete eine kleine Eisenbahnfähre
für 2 Güterwagen zu je 15t ein, die von einem Stichkanal zur
Eisenbahnbrücke nahe des Bahnhofs Jungfernheide verkehrten. Die
Baukosten für die Eisenbahnanleger betrugen 100.000 Mark und die
Anschaffung der Fähre kostete 60.000 Mark, die Betriebskosten bezifferten
sich auf 27.000 Mark p.a.. Die Fähre fuhr allerding nur 10 km/h
schnell, sodass die Überfahrt anderthalb Stunden dauerte. 1909
wurde die Eisenbahnfähre stillgelegt [1].
Zwischen 1901 und 1905 gab es bei Fürstenbrunn auch eine Personenfähre,
die Arbeiter für 5 Pfennige übersetzte (im Wochenabo für
Fabrikarbeiter 30 Pfg. Hin- und Rückfahrt). 1905 wurde der Rohrdammsteg
über die Spree eröffnet und die Fähre eingestellt [1].
|
________________
Quellenhinweis: |
|
[1] |
Schreck,
Karl-Heinz (1986): Fähren im Bereich Berlin West. Berliner
Verkehrsblätter Jahrgang 1986, Ausgaben 4,5,6,7 |
[2] |
Kramer,
Wolfgang und Hilkenbach, Sigurd (1987): Typisch Berlin - Ein BVG-Porträt,
hrsg. von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). |
[3] |
Fährdatei
des Deutschen Schiffahrtsmuseums |
[4] |
http://www.insel-scharfenberg.de/ |
[5] |
Jüttemann,
Andreas (1996): Chronik Nikolassee. Bis 2001 veröffentlicht
unter dem Namen "NeuZehlendorfWeb". |