Das Bahninfo 471-Porträt zum Abschied dieser Baureihe

Am 26. Oktober 2001 wurde bei der Hamburger S-Bahn die Baureihe 471 nach 61 Jahren aus dem Einsatz verabschiedet. Für Bahninfo ist dieses Anlass, noch einmal auf die vergangen 61 Jahre Baureihengeschichte zurück zu blicken und die Baureihe 471 ausführlich vorzustellen.  

Vorgeschichte

Um die ältesten Wechselstromzüge aus den Jahren 1907-12 Ende der 30er / Anfang der 40er Jahre durch Neubaufahrzeuge zu ersetzen, begann die Deutsche Reichsbahn im Jahr 1936 mit der Planung eines neuen 3-teiligen Wechselstromzuges. Dieser neue Zug sollte sich in seinem Aussehen an die Berliner S-Bahn-Baureihen ET 166/167 (die Nachfolge-Baureihen der legendären Berliner "Stadtbahn"-Baureihe ET 165) anlehnen und in seiner Länge mit 3 Wagen einem Wechselstrom-Halbzug (4 Wagen) entsprechen.
Im Zuge des geplanten Ausbaus des Hamburger S-Bahnnetzes wurden auch unterirdische Strecken geplant. Um die Baukosten für diese Strecken zu senken, wurde der Tunnelquerschnitt reduziert und die Stromzuführung von Oberleitung auf seitliche Stromschiene geändert.  Da bei Stromschienen aus Sicherheitsgründen höchstens 1500 Volt zulässig sind, diese Spannungshöhe für Wechselstromantrieb aber zu gering ist, beschloss die Deutsche Reichsbahn, auch noch die Stromart von Wechselstrom in Gleichstrom zu ändern. Für Gleichstromantrieb reichen 1000 Volt aus. Bei der Berliner S-Bahn konnten bereits Erfahrungen mit Gleichstrom gesammelt werden, jedoch hatten sich die dortigen 750 Volt im ständig wachsenden Verkehr als zu niedrig erwiesen. Aufgrund dieser Erfahrungen wurde beschlossen, die Spannung in Hamburg um rund 50 % auf 1200 Volt zu erhöhen. Folglich wurde das Konzept des geplanten neuen Zuges in einen Gleichstromzug geändert.  

Die Fahrzeuge

Ende 1937 / Anfang 1938 erfolgte die Bestellung für 67 3-teilige Einheiten, die zwischen 1940 und 1943 geliefert werden sollten. Am 09. Dezember 1939 wurde der erste von 67 bestellten ET 171 geliefert. Auffälligstes Merkmal des neuen Zuges war der neue Farbanstrich. Die beiden Endwagen, in denen die 3. Klasse untergebracht war, waren dunkelblau mit créme-farbenen Zierstreifen unterhalb der Regenrinne und unterhalb der Fenster lackiert. Der Mittelwagen, in dem die 2. Klasse untergebracht war, war in Höhe der Fenster créme und unterhalb der Fenster wie die beiden Endwagen blau lackiert. Zusätzlich waren beim Mittelwagen die créme-farbenen Zierstreifen mit blauen Rändern abgesetzt. Jeder Wagen hatte an der Seite 4 Doppelschiebetüren nach dem Berliner Vorbild, zusätzlich hatten die Endwagen beim Traglastenabteil gleich hinter dem Führerstand noch eine halbe Tür für den Beimann. Die Einheiten 001-027 hatten diese einzelne Schaffnertür nur an einer Seite, auf der anderen Seite waren zwei kleine Fenster angeordnet. Die Einheiten 028-047 und die Nachkriegsfahrzeuge hatten anstelle der beiden kleinen Fenster im Traglastenabteil ebenfalls die einzelne Schiebetür. Die Inneneinrichtung der 3. Klasse in den Endwagen entsprach mit den hell gebeizten Eichenholzwänden und den Holzlattensitzen der Berliner Baureihe 167. In der 2. Klasse im Mittelwagen waren die Wände mit polierten rotbraunen Birnbaumholz verkleidet und die Sitze mit grauem gestreiftem Plüsch bespannt. Zusätzlich waren an den Stirn- und Trennwänden in der 2. Klasse schöne Holzintarsienbilder mit norddeutschen Motiven angebracht, wobei jedes Intarsienbild ein Unikum für sich darstellte. Lediglich von einigen wenigen Motiven gab es auch Duplikate.
Am 12. Dezember 1939 fand die erste Probefahrt zwischen Ohlsdorf und Poppenbüttel statt und am 22. April 1940 erfolgte auf diesem Abschnitt auch der erste Fahrgasteinsatz. Am 15. Juli 1940 wurde auch auf dem Abschnitt Altona - Blankenese der Gleichstrombetrieb aufgenommen. Da zu diesem Zeitpunkt der Gleichstrombetrieb Altona - Blankenese ein Inselbetrieb war, mussten die ET 171 mit Dampf- oder Diesellokomotiven von Ohlsdorf zu ihrem Einsatzort geschleppt werden. Erst am 10. April 1941 wurde der durchgehende Gleichstrombetrieb Poppenbüttel - Ohlsdorf - Hamburg Hauptbahnhof - Dammtor - Altona - Blankenese aufgenommen.
Aufgrund der Ereignisse zu jener Zeit konnten jedoch nur 47 von 67 bestellten Einheiten gebaut und ausgeliefert werden. Die restlichen 20 Einheiten wurden auf Anordnung von höherer Instanz gestoppt und konnten erst 1952 erneut in Auftrag gegeben werden.

Zerstörungen und Wiederaufbauten
Während der Krieg in Hamburg und seinen Bahnanlagen übel mitspielte, kamen die ET 171 relativ glimpflich davon. Lediglich die Einheit 038 wurde so stark beschädigt, dass diese verschrottet werden musste. Um keine Lücken im Nummernsystem zu haben, wurde die Einheit 047 nach dem Umbau von Klotz- auf Scheibenbremsen in 052 umnummeriert. Die Einheit 046 wurde als Ersatzteilspender für andere beschädigte Einheiten aufgelöst und deren Wagen zur Komplettierung anderer Einheiten beigestellt, deren Wagen beschädigt worden sind. Die Einheit 045 wurde in 038 in Zweitbesetzung umnummeriert. Es wurden insgesamt einzelne Wagen der Einheiten 008, 017, 027, 028 und 039 beschädigt. Diese einzelnen Wagen wurden wieder aufgebaut und zu neuen Einheiten mit den Nummern 008, 027, 036 und 039 in Zweitbesetzung zusammen gestellt. Die Originaleinheit 036 wurde nach dem Umbau von Klotz- auf Scheibenbremsen in 051 umnummeriert, so dass die Nummer 036 für eine Einheit aus Aufbauwagen in Zweitbesetzung neu vergeben wurde. Die Aufbaueinheit 036 erhielt versuchsweise im Mittelwagen eine reduzierte 2. Klasse. Die beiden mittleren Abteile erhielten die 2. Klasse-Inneneinrichtung, Raucher- und Nichtraucherabteil waren durch eine Wand mit Pendeltür getrennt. Die beiden Endabteile erhielten die 3. Klasse-Einrichtung und waren Raucherabteile und durch eine geschlossene Wand von der 2. Klasse getrennt. Da sich dieses nicht bewährte, wurde der Mittelwagen von 036.II 1955 in den Ursprungszustand zurück gebaut.  

Die Nachkriegsfahrzeuge

Im Jahre 1952 konnten die 1943 gestoppten restlichen 20 Einheiten zuzüglich einer weiteren als Ersatz für die zerstörte Einheit 038 neu in Auftrag gegeben werden, welche in den Jahren 1954-55 ausgeliefert worden sind. Diese erhielten dann aber nicht die Nummern 048 - 068, sondern die Nummern 061 - 081, da diese Einheiten bereits technisch weiter entwickelter waren, u.a. Scheibenbremsen anstelle der bisherigen Klotzbremsen. Auffälligstes Merkmal dieser 21 nachgelieferten Einheiten war die dem Zeitgeschmack der 50er Jahre angeglichene vereinfachte Inneneinrichtung mit den blaugrauen Ledersitzen anstelle der Eichenholzlattensitze in der 3. Klasse. In der 2. Klasse war auf die Intarsienbilder verzichtet worden. Da für die Bergedorfer Strecke weitere Fahrzeuge benötigt wurden, aber die Planung der für diesen Zweck zu beschaffende Nachfolgebaureihe ET 170 noch nicht abgeschlossen war, wurde noch einmal kurzfristig auf die Baureihe ET 171 zurückgegriffen. 1958 folgten noch einmal 5 Einheiten der Baureihe ET 171 mit den Nummern 082-086.  

Aufarbeitungen und Modernisierungen

Ab 1958 wurde bei den Vorkriegswagen begonnen, die alten Holztüren im Rahmen einer U4-Untersuchung gegen die Metalltüren der Nachkriegsfahrzeuge auszutauschen. Es wurden jedoch immer nur die schlechtesten Türen ausgetauscht, so dass sich dieser Türentausch noch bis 1988 hinzog. Im Jahre 1959 wurden innerhalb kurzer Zeit die Glaskuppeln von den Leuchten abgenommen und die 60 Watt Glühlampen gegen 75 Watt Lampen ausgetauscht, nachdem die Glühlampenbeleuchtung im Fahrgastraum der ET 171 gegen die Leuchtstoffröhrenbeleuchtung im Fahrgastraum der ET 170 nahezu dunkel wirkte. Ab 1962 wurde im Rahmen der bahnamtlichen Hauptuntersuchungen die hölzernen Wandverkleidungen mit gleichfarbigen Imitat aus Resopal überklebt, da die Aufarbeitung der alten Holzfuniere auf Dauer zu hohe Kosten verursacht hätte. Leider ging dabei auch etwas von der Schönheit der ET 171 verloren, so wurden unter anderem auch die schönen Intarsienbilder aus der 1956 in 1. Klasse umgezeichneten ehemaligen 2. Klasse rausgesägt. Erste derartig aufgearbeitete Einheit war die später noch in Bad Cannstatt modernisierte Einheit 040. Im Jahre 1968 erfolgte die Umzeichnung von ET 171 / ET 170 in 471 und 470.  

Neue Farben für die Hamburger S-Bahn

Mit der Einführung der Baureihe 472 im Jahre 1974 wurde bei der Hamburger S-Bahn der damals neue Bundesbahn-Anstrich ozeanblau/beige eingeführt. Ab 1976 wurden auch die älteren Fahrzeuge im Rahmen einer U3 und U4, bzw. ab 1980 einer E3-Aufarbeitung in diese neuen Farben lackiert. Erster in den neuen Farben lackierter 471 war 1976 die Einheit 084, ab 1980 erhielten auch die 470 nach und nach diesen neuen Anstrich. Eine Besonderheit in diesem neuen Farbkonzept stellte die Einheit 076 dar. Nach einem Brandanschlag auf den Mittelwagen dieser Einheit im Jahre 1976 wurde der Mittelwagen bei den Aufbauarbeiten in die neuen Farben lackiert, während die nahezu unbeschädigten Endwagen in dem alten Blau verblieben sind. Fast 10 Jahre lang war die Einheit 076 so als "bunter Hund" auf der S1 und S11 unterwegs, bis die Endwagen im Rahmen einer E2-Untersuchung ebenfalls ozeanblau/beige umlackiert wurden. Als die Einheit 076 im Jahre 1997 als eine der ersten 471 ausgemustert wurde, wurde der Mittelwagen, da dieser nach dem Aufbau nach dem Brandanschlag von 1976 noch in einem guten Zustand war, der blauen Einheit 074 beigestellt. Somit gab es von 1997-1999 für zwei Jahre noch mal einen "bunten Hund" bei der Hamburger S-Bahn. Im Juni 1999 verschwand dann auch dieser "bunte Hund" von den Gleisen der Hamburger S-Bahn: Die Endwagen von 074 wurden zusammen mit dem Mittelwagen von 082 verschrottet, der Mittelwagen von 076 wurde der Museums-Einheit 082 beigestellt.

Die Bad Cannstatt Rekozüge

Bereits mit der Einführung der Baureihe 472 in den 70er Jahren machte die damalige Deutsche Bundesbahn sich Gedanken über Ersatzbeschaffungen für die nunmehr über 30 Jahre alten Vorkriegs-471. Die 2. Serie 472 sollte nach ursprünglichen Planungen 40 Einheiten umfassen, von denen 8 Einheiten die schlechtesten 471 ersetzen sollten. Doch schon damals war kein Geld da und die Bestellung der 2. Serie 472 wurde auf 32 Einheiten reduziert, die für die Netzerweiterung nach Harburg und Neugraben tatsächlich erforderlich waren. Die seinerzeit zur Ausmusterung vorgesehenen 8 schlechtesten 471 mussten jetzt einer sehr aufwendigen U2-Aufarbeitung unterzogen werden, wobei jedoch nur das gemacht werden sollte, was für die Substanzerhaltung der nächsten 6-8 Jahre notwendig erschien. Doch schon bald zeichnete es sich ab, dass Neubaufahrzeuge voraussichtlich frühestens im Jahre 2000 zur Verfügung stehen würden. Es wurden Überlegungen angestellt, wie die Lebensdauer der ältesten 471 durch weitere Aufarbeitungen und Modernisierungen um weitere 25 Jahre verlängert werden kann. Durch die Ausmusterung der Vorkriegstriebwagen für den Regionalverkehr im Stuttgarter Raum waren im dortigen dafür zuständigen Ausbesserungswerk Stuttgart - Bad Cannstatt große Kapazitäten frei geworden und so entstand der Plan, die 471 dorthin zu überführen und die dort vorhandenen Kapazitäten für eine umfangreiche Aufarbeitung und Modernisierung der 471 zu nutzen. Im Herbst 1984 wurde die Einheit 042 als erster nach Bad Cannstatt überführt, um am 8. März 1985 gründlich aufgearbeitet und modernisiert wieder in Ohlsdorf einzutreffen. Es wurden in Bad Cannstatt die alten, undichten Seitenfenster und die darunter liegenden Seitenwandbleche erneuert und die von den 470 und 472 bekannten gummigefassten Isolierglasfenster mit Lüftungsklappen eingebaut. Auch die drei Führerstandsfenster wurden durch neue gummieingefasste Scheiben ersetzt und die großen kombinierten Zugspitz- und schlussleuchten durch die bereits von Instandsetzungen nach Auffahrunfällen bekannten kleinen Doppelleuchten ersetzt. Die Wagenkästen wurden innen und außen total aufgearbeitet und mit dem neuen Anstrich ozeanblau/beige versehen. Zusätzlich sollten in Bad Cannstatt die letzten 16 Einheiten mit den alten Türen mit neuen Türen ausgerüstet werden. Zu diesem Zweck wurden im Ausbesserungswerk Limburg neue Türen angefertigt, die durch andere Gummieinfassungen der Fensterscheiben auffielen. In der Zwischenzeit stellte sich heraus, dass einige Züge in einem wesentlich schlechteren Zustand waren als zunächst angenommen, was die Kosten erheblich steigerte. Da dieses die Wirtschaftlichkeit dieses Programmes als zweifelhaft erscheinen ließ, wurde das Programm nach 22 Einheiten im Oktober 1987 vorzeitig abgebrochen. Als letzter wurde im September 1987 die Einheit 016 nach Bad Cannstatt überführt. Nach dem Abbruch dieses Modernisierungsprogamms hatten die Einheiten 004, 018, 021 und 039 immer noch ihre alten Türen. Während 018 und 021 ihre Limburger Türen in Ohlsdorf erhielten, wurden anstelle von 004 und 039 die 470 124 und 142 mit den für 004 und 039 vorgesehenen Limburger Türen ausgestattet. 004 erhielt daraufhin die alten Türen von 470 142 und 039 erhielt die Türen von 124. Die in den 80er Jahren neu entwickelten, sogenannten Systemsitze für Nahverkehrsfahrzeuge in verschiedenen Varianten und Komfortstufen standen damals bei allen neu zu beschaffenden und zu modernisierenden Nahverkehrsfahrzeugen zur Diskussion und die Bad Cannstatt Rekozüge waren davon natürlich nicht ausgenommen. In Bad Cannstatt wurden alle dort modernisierten 471 für den Einbau dieser Systemsitze vorbereitet und als Musterzug die Einheit 017 mit den Systemsitzen ausgerüstet. Aus Kostengründen wurde dann aber von der serienmäßigen Umrüstung aller Bad Cannstatt Rekozüge mit Systemsitzen Abstand genommen und die Einheit 017 blieb in dieser Form ein Einzelstück. Anfang der 90er Jahre erhielten alle Bad Cannstatt Rekozüge aus Brandschutzgründen lediglich in der 1. Klasse dann doch noch die Systemsitze.  

Erste Ausmusterungen

Zum Sommerfahrplan 1989 kam es aufgrund von Sparmaßnahmen des damals regierenden Hamburger Senates zu drastischen Angebotseinschränkungen beim HVV. Die durch diese eingeschränkten Zugleistungen nicht mehr benötigten 5 schlechtesten 471 wurden daraufhin ausgemustert. Als erstes traf es am 15. April 1989 die Einheit 039, die zu dem Zeitpunkt noch den alten blauen Anstrich und Holzlattensitze hatte. Die alten Türen waren kurz zuvor noch gegen die von dem 470 124 und getauscht worden. 039 verblieb dann noch für einige Zeit ohne Motoren in Altona abgestellt, bis er dann zum Schönberger Strand überführt wurde. Als zweiter wurde am 30. Oktober 1989 der Aufbauzug 036.II ausgemustert. Ihm folgte als dritter am 31. Januar 1990 der Aufbauzug 008. Am 2. März 1990 wurde dann die Einheit 044 ausgemustert, nachdem bereits im Oktober 1989 der Mittelwagen der Einheit 025 aus der Einheit 044 der Einheit 014 beigestellt worden ist und 044 dafür den Mittelwagen von 014 erhielt. Ein Endwagen der Einheit 044 kam ins Museum des LHB-Werkes in Salzgitter. Im März 1991 wurde als vorerst letzter die Einheit 019 ausgemustert.  

Das Ende

Durch die Bahnreform im Jahre 1994 war es möglich geworden, die von der früheren Deutschen Bundesbahn lange geplanten zunächst als Baureihe 475 bezeichneten 45 Neubaueinheiten endlich zu bestellen und zusätzlich 58 weitere Einheiten für die komplette Rundumerneuerung des gesamten Fahrzeugparkes der Hamburger S-Bahn zu bestellen, so dass das gesamte Auftragsvolumen nunmehr 103 neue Fahrzeuge für die Hamburger S-Bahn umfasste. Am 27. November 1996 traf der erste von insgesamt 103 neuen Fahrzeugen der nunmehr als 474 bezeichneten Baureihe in Ohlsdorf ein. Die ursprünglich für die neuen Hamburger S-Bahnzüge vorgesehene Nummer 475 war zuvor schon für die legendären Berliner Stadtbahn S-Bahnzüge der ehemaligen Baureihe 165 vergeben worden, so dass die neuen Hamburger S-Bahnzüge nunmehr die Baureihenbezeichnung 474 erhielten. Noch bevor die neuen Fahrzeuge zum Einsatz kamen, begann im Frühjahr 1997 die serienmäßige Ausmusterung der 471 und 470. Als erster 471 wurde die Einheit 013 ausgemustert, ihr folgten kurze Zeit später der erste 470 121 und die Endwagen von 471 076 zusammen mit dem Mittelwagen von 074. Alle drei Einheiten standen im März / April 1997 mehrere Wochen auf den Gütergleisen Alte Wöhr, bis dann bei der Firma Hennings in Lübeck-Dänischburg ein Endverwerter für die ausgedienten S-Bahnfahrzeuge gefunden worden war. Im Laufe der Lieferung der 474 ereilte so nach und nach auch die anderen 471 und 470 dieses Schicksal. Im Frühjahr 2000 erlebten die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen 471 noch einmal einen letzten Höhepunkt in ihrer nunmehr 60jährigen S-Bahnkarierre: Mit der Inbetriebnahme der Selbstabfertigung durch den Triebfahrzeugführer (SAT) am 1. April 2000 wurden die 471 nach fast 60 Jahren von ihrer alteingesessenen Stammstrecke der grünen Liniengruppe verbannt und für einige Monate noch zur S21 umversetzt, wo sie zuvor nur von 1958-1960 bis zur Inbetriebnahme der ersten 470-Serie im Einsatz gewesen waren. Es schien, als wollten die 471 sich auf der S21 noch einmal gegen die nun recht zahlreich vorhandenen 474 aufbäumen. Doch dann geschah am Morgen des 24. Juli 2000 das unfassbare:
Während die 471 an diesem Tag in der morgendlichen Hauptverkehrszeit treu und brav ihren Dienst auf der S2 verrichteten, wurden im Werk Ohlsdorf bei einem klotzgebremsten 471 technische Mängel festgestellt. Sofort wurden sicherheitshalber alle sich zu diesem Zeitpunkt im Einsatz befindlichen klotzgebremsten 471 ausgesetzt und abgestellt. Lediglich die letzten beiden scheibengebremsten Einheiten 062 und 085 durften weiterfahren. Die am Morgen des 24. Juli 2000 so plötzlich abgestellten klotzgebremsten Einheiten kehrten nicht wieder in den Einsatz zurück und Ende August / Anfang September begann der Abtransport und die Verschrottung der seit dem 24. Juli abgestellten klotzgebremsten Einheiten. Am 6. April 2001 wurden dann auch bei der scheibengebremsten Einheit 085 die gleichen technischen Mängel festgestellt, wie rund 9 Monate zuvor bei den klotzgebremsten Einheiten. Die Einheit 062 war von jetzt an für rund ein halbes Jahr der letzte Muhikaner der Baureihe 471. Am 26. Oktober 2001 hieß es in Hamburg von der Baureihe 471 Abschied nehmen.  

Der Abschied

Der Abschied war lange zuvor angekündigt und immer wieder aufgeschoben worden. Aber am Freitag, den 26. Oktober war es dann unausweichlich. Für die Hamburger hieß es endgültig von der Baureihe 471 Abschied nehmen. Bereits am Tag zuvor, am Donnerstag, den 25. Oktober 2001 begannen die Vorbereitungen für den letzten großen Tag. Nach der morgendlichen Hauptverkehrszeit auf der S2 setzte der 471 062 von Altona nach Elbgaustraße aus, um dort für seinen letzten Einsatz grundlegend innen und außen gereinigt zu werden. Von Elbgaustraße ging es dann gegen Mittag nach Ohlsdorf, wo im dortigen Werk Mitglieder der historischen S-Bahn den letzten Schliff für den letzten Einsatz besorgten. So wurde der Zug mit Girlanden und Hinweisschildern auf die letzte Fahrt geschmückt und noch einige defekte Glühlampen ausgewechselt. Am Morgen des Freitages, den 26. Oktober rückte der geschmückte 471 062 dann zu seinem letzten Einsatz in der früh-HVZ auf der S2 aus. Nach Ende der früh-HVZ ging es noch einmal nach Ohlsdorf, von wo aus 062 gegen 13 Uhr seinen allerletzten Dienst antrat. Die Fahrt ging von Ohlsdorf über die S11 nach Altona, womit noch einmal, zum allerletzten Mal ein 471 für eine Fahrt auf die S11 zurückkehrte. In Altona ging 062 sofort auf die S2 über, um dort in der Freitag-Nachmittags-HVZ seinen allerletzten Planeinsatz zu absolvieren. Gegen 16 Uhr 30 setzte 471 062 in Bergedorf von seinem letzten Planeinsatz aus. Doch damit war noch nicht Schluss: Gegen 17 Uhr wurde 062 zu seiner wirklich letzten Fahrt bereit gestellt und die zahlreich erschienenen Eisenbahnfreunde nutzen diese Gelegenheit, ein allerletztes Mal noch einmal ausgiebig Aufnahmen von der scheidenden Baureihe machen zu können. Gegen 18 Uhr 30 startete der 471 062 zu seiner letzten großen Fahrt, die ihn noch einmal zum allerletzten Mal durch sein altes vertrautes Einsatzgebiet führen sollte. So ging die Fahrt von Bergedorf über Dammtor nach Blankenese und von Blankenese über Dammtor nach Poppenbüttel. Auch in Blankenese und Poppenbüttel wurden bei den rund halbstündigen Aufenthalten die Fotoapperate und Videokameras gezückt und unzählige stimmungsvolle Momentaufnahmen des Abschieds gemacht. Von Poppenbüttel ging es dann nach Ohlsdorf, wo es nach 61 1/2 Jahren für immer aus dem 471 aussteigen hieß. Nachdem der Zug von den Fahrgästen geräumt war, wurden die Türen geschlossen und der Zug rückte mit lauten Pfiffen aus der Lokpfeife in das Werk Ohlsdorf ein. In diesem Augenblick war ein 61 1/2 Jahre dauerndes Kapitel im Geschichtsbuch der Hamburger S-Bahn geschlossen worden.  

Verbliebene

Auch wenn seit dem 26. Oktober 2001 keine 471 mehr planmäßig bei der Hamburger S-Bahn eingesetzt werden, sind noch einige 471 erhalten geblieben. Da wäre als erstes die Aufbaueinheit 039.II zu nennen, die nach ihrer Ausmusterung im April 1989 dem Verkehrsmuseum Nürnberg übereignet worden ist und im April 1990 als Dauerleihgabe ins Eisenbahnmuseum Schönberger Strand überführt wurde. Im Museum des Herstellerwerkes Linke-Hoffmann-Busch in Salzgitter befindet sich seit Oktober 1990 ein Endwagen der am 2. März 1990 ausgemusterten Einheit 044. Die Einheiten 014, 075, 080 und 081 befinden sich seit Juni 2000 in der Sammlung eines privaten Eisenbahnmuseums in Althüttendorf bei Eberswalde. In Hamburg wurde von September 1999 bis April 2007 die Einheit 082 mit dem Mittelwagen der Einheit 076 zum Museumszug aufgearbeitet. Dabei wurde eine Hälfte dieser Einheit in den Lieferzustand der Nachkriegs-Einheiten restauriert, die andere Hälfte wurde weitestgehend in den Lieferzustand der Vorkriegs-Einheiten umgebaut. Seit 14. April 2007 steht die Einheit 082 als Museums-471 zur Verfügung. Der letzte planmäßig eingesetzte 471 062 wurde unter Ausnutzung der Restfristen noch bis 08. Dezember 2004 als "vorläufiger Museumszug" betriebsfähig bereit gehalten. Nach Ablauf der Frist am 08. Dezember 2004 wurde 471 062 bis auf weiteres hinterstellt.


Frontschild "Letzter Einsatztag Abschied von der Baureihe 471 1939-2001"


471 062 auf der Fahrt von Ohlsdorf nach Altona als S11 in Rübenkamp.


471 062 ist soeben von Ohlsdorf in Altona angekommen und fährt gleich auf der S2 weiter nach Bergedorf.


471 062 fährt aus dem City-S-Bahntunnel in den Hamburger Hauptbahnhof ein.


471 062 ist soeben von Altona angekommen und setzt jetzt in Bergedorf aus.


471 062 setzt in Bergedorf zu seiner nächsten Fahrt nach Altona ein.


471 062 (links) steht in Bergedorf zu seiner nächsten Fahrt nach Altona bereit, lässt aber dem 474 (rechts) auf der S21 den Vortritt.


Der 474 auf der S21 ist abgefahren...


... und gleich wird auch 471 062 abfahren.


Zwischenstop in Mittlerer Landweg auf der Fahrt von Bergedorf nach Altona.


Einfahrt in Billwerder-Moorfleet


Zwischenstop in Billwerder-Moorfleet auf der Fahrt von Bergedorf nach Altona.


Zwischenstop in Tiefstack auf der Fahrt von Bergedorf nach Altona.


Zwischenstop in Tiefstack auf der Rückfahrt von Altona nach Bergedorf .


Zwischenstop in Mittlerer Landweg auf der Rückfaht von Altona nach Bergedorf.


471 062 wird in Bergedorf zu seiner letzten Fahrt bereit gestellt.


Ein letzter Blick in den Führerstand.


Ein letztes Mal die Glühlampenromantik in der 2. Klasse...


... und in der 1. Klasse.


Wachablösung in Bergedorf: 61 Jahre lang haben die 471 (links) das Bild der Hamburger S-Bahn geprägt. Am 26. Oktober gab 471 062 als letzter 471 den Staffettenstab endgültig an die 474 (rechts) ab.


Gleich startet 471 062 zu seiner letzten großen Fahrt, die ihn ein letztes Mal noch einmal durch sein jahrzehntelang vertrautes Einsatzgebiet führen wird.


Bitte einsteigen zur letzten Fahrt.


471 062 auf der letzten Fahrt in Altona


Auf seiner letzten großen Fahrt kam 471 062 auch noch einmal in sein jahrzehntelang vertrautes Einsatzgebiet nach Blankenese zurück.


471 062 rückt nach seiner letzten großen Fahrt ins Werk Ohlsdorf ein. 61 1/2 Jahre Hamburger S-Bahngeschichte sind zu Ende. Aus und vorbei. Für immer vorbei. Tschüß 471!  

Text und Fotos: Jan Gnoth
Weitere Fotos wurden von Jan Steinhagen und Lars Brüggemann freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

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